Cortés in Trinidad
Text und Fotos Felix Hinz (Oktober 2008)
Trinidad ist ein Name, mit dem man gemeinhin nicht nur "karibische Idylle", sondern auch "Piraten" assoziiert. Den Anfang dieser langen Geschichte könnte man mit Hernán Cortés ansetzen.
Als er im Februar 1519 mit seiner Flotte von sechs Schiffen auf dem Weg von Santiago nach "Culúa" (Mexiko) hier aufkreuzte, befand er sich gewissermaßen auf der Flucht vor dem kubanischen Statthalter Diego Velázquez, der ihm das Kommando entziehen wollte. Wegen des hastigen Aufbruchs in Santiago war seine Truppe hoffnungslos unterverproviantiert, so daß Cortés gezwungen war, die erst fünf Jahre zuvor gegründete Stadt anzulaufen. Es war allerdings ein Wettlauf mit der Zeit, denn er durfte Velázquez keine Zeit zu Gegenmaßnahmen lassen.
Und tatsächlich erhielt der Befehlshaber (Alcalde) der Stadt, Francisco Verdugo, zur gleichen Zeit, in der Cortés eintraf, einen Brief von seinem Schwager und Vorgesetzten Velázquez, der ihn anwies, Cortés aufzuhalten und abzusetzen. Aber so einfach war das nicht mehr. Cortés gelang es daher schließlich nicht nur, Verdugo zu überreden, ihm einige Pferde zu überlassen, sondern brachte sogar den Boten des Velázquez dazu, sich seiner Expedition anzuschließen. Auch einige Kapitäne des Cortés erhielten Briefe des Statthalters, doch jener, auf den Velázquez besonders gezählt hatte, Diego de Ordás, kaperte sogar unweit von Trinidad ein spanisches Schiff, um es samt Ladung für Cortés zu "beschlagnahmen".
Obwohl Cortés bereits im Osten der Insel eine für die damaligen spanischen Verhältnisse in der Karibik sehr beachtliche Streitmacht zusammengebracht hatte, suchte er hier noch jeden verfügbaren Mann, v.a. aber nützliche Spezialisten zu bekommen. Die Kunde vom angeblichen Reichtum des Landes, zu dem die Expedition zog, hatte sich längst über die ganze Insel verbreitet, ebenso, daß der neue Anführer offenbar Nägel mit goldenen Köpfen zu machen gewillt war.
Kaum bei Trinidad gelandet schickte Cortés Reiter ins Inselinnere, um noch in letzter Minute hochgestellte Freunde, die bei Sancti Spiritus ausgedehnte Ländereien besaßen, für das Unternehmen zu gewinnen. Auch Mitglieder der Expeditionen von Hernández de Córdoba und Juan de Grijalba, der in eben diesen Tagen nahe dem heutigen La Habana gelandet war, fanden sich ein. Unter den Neurekrutierten waren einige, die wie Cortés aus dem extremensischen Medellín stammten und während der folgenden Ereignisse eine wichtige Rolle spielen sollten: Alonso Hernández Portocarrero, der alte Rodrigo Rangel und der erst 21 Jahre alte Gonzalo de Sandoval. Auch Pedro de Alvarado und Cristóbal de Olid stießen hier zu Cortés.
Dieser wurde angesichts der Sogwirkung seiner Expedition selbstbewußter und ließ vor seinem Quartier, das sich am Hauptplatz befunden haben dürfte, erstmals sein Banner entfalten, auf dem in lateinischer Sprache geschrieben stand: "Freunde, folgt dem Kreuz. Und wenn wir glauben, werden wir in diesem Zeichen siegen."
Trinidad: Plaza Mayor. Hier pflanzte Cortés Anfang Februar 1519 sein Banner auf.
Während der zwölf Tage in Trinidad "konfiszierte" seine Truppe praktisch alle Lebensmittel der Stadt, insbesondere die Schweine. Schließlich war die Streitmacht in Trinidad auf 10-13 Schiffe, 530-560 Europäer (davon 30 Armbrustschützen und zwölf Arkebusiere, aber auch ein Dutzend Frauen), 14 Feldschlangen, vier Falkonette und einige Lombarden sowie immerhin 16 Pferde und auch einige irische Wolfshunde angewachsen. (Die genauen Zahlen weichen in den Quellen voneinander ab.) Außerdem führte Cortés 200-300 kubanische Indianer sowie auch einige Schwarzafrikaner als Sklaven mit.
Als Cortés in der zweiten Februarwoche 1519 Trinidad verließ, hatte die junge Stadt ihr erstes Piratenstück erlebt. Ein Gutteil seiner existentiellen Lebenskraft wurde somit in der Gründungsphase nach Mexiko abgeleitet. Man geht wohl nicht fehl in der Annahme, daß Cortés v.a. hier die Handwerker anwarb, die wenig später die Erbauung der Siedlung Vera Cruz ermöglichten.