Motecuhzoma Xocoyotzín - die schillernde Rezeption |
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Dieser Artikel ist Teil der Berichte über Hernán Cortés. Juli 2010
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Motecuhzoma Xocoyotzín
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__________________________________________________________ Die frühesten erhaltenen Quellen, die von Moctezuma berichten, sind die Berichte des Hernán Cortés. Der Anführer der Conquistadoren hatte zwar sein mexikanisches Abenteuer überlebt, aber er war damit noch nicht gerettet. Da er sich gegen den Statthalter des Königs aufgelehnt hatte, stand noch der Vorwurf des Hochverrats im Raum. Kaiser Karl V. war damals als Karl I. auch König von Spanien und hatte sich bisher nicht zu den für ihn weit entfernten mexikanischen Vorgängen äußern können. Um seinen Kopf zu retten musste Cortés dort nicht nur militärischen Erfolg haben, sondern den Habsburger auch auf andere Weise für sich einnehmen. Karl V. war nach gewonnener Wahl zum Kaiser praktisch bankrott und benötigte gerade nichts mehr als Gold. Um diesen für Cortés glücklichen Umstand in die richtigen Bahnen zu lenken, griff dieser unterstützend zur Feder. Von Beginn der Conquista an verfasste er die noch heute erhaltenen Berichtsbriefe an den Kaiser, in denen er ausführlich seine Taten darlegt und rechtfertigt. Selbstbewusst tritt er damit nicht nur in direkten Dialog mit dem mächtigsten Mann des Abendlandes, sondern zeigt in seinen Briefen auch, dass er über ein Wissen verfügt, mit dem sonst niemand aufwarten konnte und bei dem alle theologischen und antik-philosophischen Autoritäten versagen müssen. Sein Spezialwissen über die Neue Welt, über ihre Geographie, Kultur und vor allem über ihre Ressourcen beruhte einzig auf seiner Augenzeugenschaft und seinen persönlichen Bindungen zu den mächtigsten zentralmexikanischen Fürsten. Dieses Wissen verlieh ihm nicht nur Selbstbewusstsein als Subjekt, sondern stellte auch eine große Macht dar. Es war ein wichtiges Herrschaftswissen, das die kaiserlichen Geldtruhen füllte und das nur er besaß. Cortés war also in Mexiko unersetzlich, so seine Botschaft. Aber er konnte auch allein bestimmen, was von seinem Wissen er wie einsetzte. Er besaß die Möglichkeit und hatte die Stirn, sich seine eigene, zunächst kaum hinterfragbare Geschichte zu schreiben. Ja, er hatte die Gelegenheit, die Geschichte der Conquista Mexikos in weiten Zügen gleichsam zu erfinden. – Und das tat er. (Vgl. ausführlich: "Die Erfundene Conquista")
- Cortés Aus der zusammengewürfelten Truppe, die nicht nur aus Spaniern, sondern auch aus Griechen, Italienern, Franzosen, Deutschen und Schwarzen[1] bestand, zu der auch Alte, Frauen und Kinder gehörten und sogar notorische Gotteslästerer[2] wurde in Cortés´ Berichten eine strahlende Ritter-Armee, die selbstlos auszog, um den Ruhm von Gott und Kaiser zu vermehren. Er nennt sie nur „die Christen“ oder „die Spanier“. Dabei war es klar, dass der Zug nach Tenochtitlán und dessen schließliche Unterwerfung als Akt roher Gewalt verstanden werden könnte. Diesen Eindruck galt es für Cortés zu vermeiden, da dies zwangsläufig seinem eigentlichen Vorgesetzten Diego Velázquez in die Hände gespielt hätte, der Cortés ja ähnliches vorwarf. Und was würde Karl wohl davon halten, wenn er erfuhr, dass Cortés von Moctezuma zwar stets zuvorkommend behandelt wurde, er ihn dann aber undankbar und das genossene Gastrecht mit Füßen tretend gefangennahm? Die Geschichte musste anders verlaufen sein. So entstand das Bild vom wankelmütigen und hinterhältigen Moctezuma, der mit der einen Hand reiche Geschenke verteilte, auf der anderen Seite aber keine Gelegenheit ausließ, die Spanier auszuspionieren, Städte gegen sie aufzuwiegeln, Wege unpassierbar zu machen und im Bund mit dunklen Mächten stand. Hinzu kam, dass Cortés den Krieg in Mexiko, der ja tatsächlich in Gegenden stattfand, die von Spanien kaum ferner hätten sein können, quasi als logische Fortsetzung der Reconquista des spanischen Mutterlandes darstellte. Nicht nur reaktivierten die Conquistadoren den traditionellen Schlachtruf ´¡Santiago a ellos!´ aus der Reconquistazeit, sondern Cortés nannte das neu eroberte Land von Anfang an La Nueva España, also das neue Spanien. Damit man hier aber wirklich von einer „Rückeroberung“ sprechen konnte, war es notwendig, einen alten spanischen Besitzanspruch zu konstruieren. Als Cortés schließlich von Moctezuma empfangen wurde, soll dieser daher folgende berühmte Ansprache an ihn gehalten haben: „Viele Tage ist es her, dass wir durch unsere Schriften von unseren Vorfahren Nachricht haben, dass weder ich noch alle, die wir in diesem Land leben, Eingeborene desselben sind, sondern Fremde und zu ihm aus sehr fremden Landesteilen gekommen sind. Und wir haben außerdem [Nachricht], dass ein Herr unser Geschlecht in diese Landesteile brachte, dessen Untertanen [wir] alle waren und der zu seinem Ursprungsort zurückkehrte. Und später kam er zurück nach langer Zeit, und zwar nach so langer, dass diejenigen, die geblieben waren, bereits mit den eingeborenen Frauen dieses Landes verheiratet waren, und sie hatten viele Nachkommen und Ortschaften gebaut, wo sie lebten. Und als er sie mit sich nehmen wollte, da wollten sie weder gehen noch ihn als Herrn anerkennen, und so kehrte er um. Und wir haben immer angenommen, dass diejenigen, die von ihm abstammen, kommen müssten, um dieses Land und uns als seine Vasallen zu unterwerfen. Und gemäß der Richtung, die ihr sagt, dass ihr da herkommt, die da ist, wo die Sonne aufgeht, und [gemäß] den Dingen, die ihr von diesem großen Herrn oder König [sc. Karl V.] erzählt, der euch hierher schickte, glauben wir und halten es für sicher, dass er unser natürlicher Herr ist, besonders weil ihr uns sagt, dass er seit vielen Tagen Nachricht von uns hat."[3] Es ist heute unmöglich zu sagen, ob diese von Cortés in seinem zweiten Bericht überlieferte Rede völlig oder nur zum Teil von ihm erfunden wurde und was Moctezuma ggf. tatsächlich gesagt geschweige denn damit gemeint hat. Für unser Thema ist das aber gar nicht entscheidend. Es ist kaum zu glauben, dass Cortés aufgrund der schwierigen Übersetzungslage überhaupt eine genaue Vorstellung von dem entwickelte, was Moctezuma ihm hier sagte. Klar ist jedoch, dass er in seinem Bericht den Eindruck zu vermitteln suchte, dass Moctezuma von Beginn an der Ansicht war, seine Herrschaft nur stellvertretend für die spanische Krone auszuüben und von sich aus bereit war, diese an Kaiser Karl V. „zurückzugeben“ – und da Karl nun einmal nicht da war und Cortés als sein Gesandter auftrat – dass er sie Cortés übertrug. Weiter gedacht bedeutete dies, dass erstens ein altweltlicher Kulturheros die zentralmexikanische Kulturwelt begründet hatte, und zweitens, dass von nun an jeglicher Widerstand gegen den Machtanspruch des Cortés in Mexiko als illegal bzw. als Rebellion gewertet werden konnte, ja musste. Auf diese Weise waren auch die Voraussetzungen geschaffen, den Tod Moctezumas zu erklären. Moctezuma war legitimer und natürlicher Herrscher, und vom Standpunkt Kaiser Karls aus zunächst einmal ein Fürst. Auch wenn sich Karl als Christ Moctezuma weit überlegen gefühlt haben wird, musste es für ihn doch als Missachtung der natürlichen Ordnung erscheinen, wenn ein unbedeutender hidalgo sich erdreistete, einen Fürsten, und sei es einen heidnischen, zu ermorden. Cortés war es sonnenklar, dass ein solcher Eindruck auf jeden Fall zu vermeiden war. Schon aus diesem Grund durften die Spanier nicht am Tod Moctezumas schuld sein. Da bereits die Gefangenschaft desselben für das Ehrgefühl Karls eine Zumutung war, wird Cortés nicht müde zu betonen, wie wohl sich Moctezuma in dieser gefühlt habe. Es sei ihm möglich gewesen, wie zuvor zu regieren und sogar mit geringer spanischer Begleitung auf die Jagd zu gehen.[4] Angeblich ergab er sich freudig in sein Schicksal. Was heute schwer zu glauben ist, entbehrt im Subtext nicht der Logik. Denn ohne es auszusprechen zeichnet Cortés eine deutliche Parallele zwischen Moctezuma und Flavius Josephus, d.h. auch zwischen der Eroberung Tenochtitlán durch die Spanier und derjenigen Jerusalems durch die Römer 70 n.Chr. Genau wie Josephus ist Moctezuma ein Sehender, der erkennt, dass Gott über die Heiden kommt und unausweichlich über diese sein Strafgericht abhalten wird. So wie die militärisch unwiderstehlichen Römer als Instrument Gottes die sündigen Zeloten, in Jerusalem züchtigten, werden nun die Spanier die gottlosen, ja in satanischem Wahn verhafteten Mexica geißeln. Widerstand war zwecklos. Daher versuchten Josephus und Moctezuma gar nicht erst, die Angreifer aufzuhalten und stellten sich willig in ihren Dienst. Doch die beiden Gott-Sehenden können nicht verhindern, dass ihre Landsleute sich störrisch geben. Weder Titus Flavius Vespasianus noch Cortés wollen die Stadt zerstören und versuchen jedes Mittel, die Rebellen wider Gott zur Einkehr zu bewegen. Schließlich überreden sie Josephus bzw. Moctezuma, sich an den Mauern zu zeigen und zu ihren Landsleuten zu sprechen. Schaut man sich an, was Josephus den Zeloten vorhielt, dann weiß man in etwa, was der erleuchtete Moctezuma im Sinne des Cortés den ´rebellischen´ Mexica gesagt haben könnte, wobei für „Römer“ natürlich immer „Spanier“ zu setzen wäre: „Sie möchten doch ihrer selbst und des Volkes, wie auch der Vaterstadt [...] schonen [...]. Auch kännten sie ja die Macht der Römer als unwiderstehlich [...]. Unbedeutenderen Oberherren könne man allenfalls die Huldigung verweigern, nicht aber denen, die den Erdkreis in ihrer Gewalt hätten. [...] Übrigens gelte ein schon bei den Tieren feststehendes Gesetz auch für die Menschen, dass man nämlich dem Stärkeren nachgeben müsse, und dass diejenigen Sieger seien, die die kräftigsten Waffen besässen. [...] Die Römer würden ihnen das Geschehene sicher nicht nachtragen, wenn sie ihren Starrsinn nur nicht aufs äusserste trieben [...]. ´Um nun auf die Römer zu kommen, wer ist schuld, dass sie gegen dieses Land zu Felde zogen? War es nicht die Gottlosigkeit seiner Bewohner? [...] Aber trotz alledem steht euch noch ein Weg zur Rettung offen, wenn ihr ihn nur betreten wollt, und die Gottheit verzeiht denen gern, die geständig sind und Reue an den Tag legen. Verstockte! werft eure Rüstungen weg, habt Mitleid mit unserer schon halb zerstörten Vaterstadt´“.[5] Doch die Antwort der Verstockten besteht in beiden Fällen aus Schimpf und Steinwürfen. Flavius wird mehrmals schwer getroffen, ebenso Moctezuma. Während ersterer sich wieder erholt, um schließlich seine Geschichte schreiben zu können, stirbt letzterer jedoch an gebrochenem Stolz und vor der Schande, die man ihm angetan hat. Wohlgemerkt: Aus den Quellen lässt sich nicht beweisen, dass Moctezuma von den Spaniern ermordet wurde. Aus den Quellen lässt sich hierüber überhaupt keine sichere Aussage machen. Aber es gibt Hinweise darauf, und man muss bei dem geschliffenen Bericht des Cortés bedenken, dass dieser hier um sein Leben schrieb. Balboa, der Entdecker des Pazifiks, war 1514 für geringere Vergehen im Namen des Kaisers geköpft worden. Und Cortés wusste das. Der mögliche Einwand, dass Cortés doch kaum die Schrift des Flavius Josephus gekannt haben wird, lässt sich entkräften. Diese Schrift wurde damals viel gelesen und gehörte zum klassischen Bildungskanon. In den Berichten finden sich zudem weitere deutliche Anlehnungen an anadere antike Autoren, allen voran Julius Caesar. Von Cortés stammt noch ein weiterer wichtiger Deutungsansatz hinsichtlich der Person Moctezumas: und zwar derjenige, dass er der „Kaiser von Mexiko“ gewesen sei. Selbst wenn Cortés die komplizierten staatlichen Strukturen Altmexikos verstanden hätte, wäre dies für die Berichte, die er an Karl V. schickte, viel zu kompliziert gewesen. Einfacher war es, Moctezuma kurzerhand zum „Kaiser“ zu erklären. Dies hatte den überaus gewünschten Nebeneffekt, dass Cortés sein weiteres Vorgehen so auch bequem rechtfertigen konnte: Wenn er glaubhaft machte, dass Moctezuma sich ihm unterworfen habe, dann würde dies bedeuten, dass er Cortés die Herrschaft über ganz Mexiko übertragen hatte, was immer man unter dieser Bezeichnung verstand. Wenn in der Folge Moctezuma (angeblich) durch seine eigenen Untertanen getötet wurde und von indianischer Seite die Waffen gegen die Spanier erhoben wurden, dann war dies nun Rebellion gegen die spanische Krone, also gegen Karl V. – und nicht etwa legitimer Widerstand. Gott sehender Moctezuma (Codex Durán, 1574-1576, fol. 1)
- Bernardino de Sahagún Den Faden nimmt unter anderen Bernardino de Sahagún auf, Autor der Historia general de las cosas de Nueva Expaña. Der franziskanische Missionar befragte 1547-1580 systematisch aztekische Zeitzeugen und schrieb aus ihren Antworten und in ihrer Sprache – dem Nahuatl – eine Version der Geschichte, die sich als rein „aztekisch“ ausgibt, was jedoch mitnichten der Fall ist. Hierzu muss man wissen, dass die Franziskaner auf Geheiß des Cortés das ungeheure Missionswerk in Neuspanien begannen und nachhaltig prägten. Selbst nicht unbedingt Spanier gingen sie mit den Conquistadoren zwar ein politisches Bündnis gegen diejenigen ein, die die Conquista als verwerflich angriffen, doch im Grunde verfolgten sie eigene Ziele in Amerika. Sie wollten hier ein neues, reines Christentum errichten, das nicht vom Luxus und den Ausschweifungen der römischen Papstkirche verdorben war. Ganz den Prinzipien des Hl. Franz von Armut und Demut verhaftet strebten sie zurück zur christlichen Urgemeinde. Damit wären wir wieder in Jerusalem. Sahagún behauptet in seinem Werk, dass sich die Conquista durch eine Reihe von unheimlichen Vorzeichen angekündigt habe: Es handelt sich um ein ´Feuerbüschel´, den Brand des Haupttempels von Tenochtitlán, einen ´Kometen´, das Aufschäumen der Lagune von Mexiko, eine schreiende Geisterfrau, einen kranichähnlichen Vogel mit dem magischen Spiegel auf dem Kopf, in dem Moctezuma fremdartige Krieger erblickt, und das häufige Antreffen von Menschen mit zwei Köpfen.[6] Mit ziemlicher Sicherheit darf man davon ausgehen, dass diese Vorzeichen nicht historisch sind.[7] Die kulturellen Wurzeln dieser ´Zeichen´, die einem bereits im Bericht des Conquistadoren Juan Díaz über eine frühere Erkundungsexpedition nach Mexiko begegnen,[8] und deren Erwähnung nur Sinn machen, wenn der Leser sie versteht, liegen spätestens in der antiken Wahrsagekunst der Sibyllinischen Bücher, in die die Priester bei unheilverkündendem prodigium Einsicht nahmen. Durch Vergleiche mit antiken Quellen beweist Rozat Dupeyron 1993 die mittelmeerische Herkunft der bösen Vorzeichen Blitz (ohne Donner), atmosphärische Erscheinungen, Komet, Überschwemmung, Auftreten von Monstern und unheimlichen Stimmen.[9] Einmal mehr drängt sich der Vergleich Tenochtitláns mit Jerusalem auf. Schon Fray Agustín de Betancur OFM[10] lenkte 1698 den Blick wiederum auf Flavius Josephus´ Jüdischen Krieg.[11] Dort heißt es: „Auch stellten sich Wahrzeichen ein, welche von dem ruhigen Teile der Bevölkerung für unheilverkündend gehalten wurden [...]. Noch ehe die Römer heranzogen, hatte Jerusalem bereits das Ansehen einer dem Untergang geweihten Stadt.“[12] Vernehmlich zeigten sich „die lauten Warnstimmen Gottes - so zum Beispiel, als ein schwertähnliches Gestirn über der Stadt stand und ein Komet ein ganzes Jahr lang am Himmel blieb, [... oder als] ein starkes Licht den Altar und den Tempel umstrahlte, dass man hätte glauben sollen, es sei heller Tag, eine Erscheinung, die fast eine halbe Stunde anhielt.“[13] Moctezuma ist auch hier ein Gott-Sehender. Er, der für seine streng asketische, priesterliche Haltung bekannt war, hatte im Gegensatz zu seinem Volk die Weisheit – so Sahagún – das Herannahen des göttlichen Strafgerichts zu erkennen. Die übrigen Mexica waren die Verblendeten, die nicht sahen, was Moctezuma bald mit Gewissheit wusste: Die Tage des Heidentums waren gezählt. Er soll zur Probe zuvor mehrmals Magier geschickt haben, um die Kastilier aufzuhalten. Diese jedoch erwiesen sich als völlig machtlos und meldeten ihrem Gebieter: „Wir sind kein Widerpart, wir sind wie nichts.“[14] Widerstand und Flucht schienen aussichtslos: „Denn dort Motecuhçoma/ wird sich nicht vor uns verbergen können [...]./ Wohin will er gehen?/ Ist er ein Vogel? will er fliegen?/ oder will er sich unter der Erde seinen Weg machen?/ will er irgendwo in einen hohlen Berg gehen?“[15] Genau dies jedoch erwog Moctezuma laut Sahagún zunächst, „er wollte entfliehen,/ er wollte sich flüchten,/ er wollte sich verbergen [...]./ Und er sann nach [... :] ´Soll ich in irgendeine Höhle gehen?´“[16] In der Offenbarung des Johannes, der Apokalypse, lautet die entsprechende Passage: „Und die Könige der Erde, die Großen und die Heerführer, die Reichen und die Mächtigen [...] verbargen sich in den Höhlen und Felsen der Berge. Und sie sagten zu den Bergen und Felsen: Fallt über uns und verbergt uns vor dem Angesicht dessen, der auf dem Thron sitzt, und vor dem Zorn des Lammes: Denn der große Tag ihres Zorns ist gekommen. Und wer wird da bestehen?“[17] Folgerichtig ist auch der Rest der franziskanischen Eroberungsgeschichte nur scheinbar aus aztekischer Perspektive geschildert. Zwar trifft es wahrscheinlich zu, dass die Spanier auf ihren den Azteken unbekannten Pferden und mit eisernen Panzern und Feuerwaffen ausgerüstet einen schrecklichen Eindruck verbreiteten. Doch wenn Sahagún sie beschreibt, schwingt unterschwellig eine zutiefst franziskanische Botschaft mit: Die Conquistadoren waren aus dieser Perspektive keineswegs Ritter gemäß dem mittelalterlich-höfischen Ideal. Und doch kamen sie im Namen Gottes: Sie waren seine Geißel für die sündigen Heiden und kamen über sie wie die apokalyptischen Reiter. Je mehr die „verstockten“ Azteken in diesem Text über Moctezuma fluchen, desto positiver muss seine Bewertung aus franziskanischer Sicht letztlich ausfallen. Sahagún benennt die Mörder Moctezumas nicht. Im Nahuatltext steht: „Im dreiundzwanzigsten Kapitel wird erzählt, wie Motecuhçoma und ein königlicher Prinz von Tlatelolco getötet wurden;/ und ihre Leiber warfen sie vor die Tür,/ vor die Tür des Hauses,/ in dem die Spanier waren.“[18] Wie sie gestorben waren, bleibt offen. Bei der Behandlung von Moctezumas wenig feierlicher Feuerbestattung beschreibt der Nahuatl-Text aus Sicht der Mexica wiederum das durch die Ereignisse und das Verhalten Moctezumas bedingte gebrochene Verhältnis zu ihrem letzten Huey Tlatoani: „Und der Leib Motecuhçomas riecht nach verbranntem Fleisch/ und stinkt beim Verbrennen./ Und während (der Leichnam) brannte,/ aus Zorn, nicht mehr aus sehr freundlichem Herzen,/ tadelt ihn mancher und spricht:/ ´Dieser Schuft, der ganzen Welt hat er Furcht eingeflößt,/ in der ganzen Welt wurde er gefürchtet [...]./ Dieser Mann hier, wenn ihn einer nur mit der kleinsten Sache beleidigte,/ so beseitigte (tötete) er ihn sogleich,/ vieles davon war erlogen, wofür er die Leute büßen ließ,/ war falsch, war erfundenes Gerede.´/ Und viele andere, die ihn tadelten,/ murmelten nur zwischen den Zähnen,/ brummten nur,/ schüttelten die Köpfe.“[19] Leider lässt sich nicht mit Sicherheit entscheiden, ob dieses „erfundene Gerede“ konkret auf den Mythos vom wiederkehrenden Quetzalcóatl anspielt. Andererseits wird deutlich, dass die Mexica sich noch immer nicht unterwerfen und bekehren wollten und Moctezumas Handeln nicht verstanden und guthießen. Dem Statthalter Tlatelolcos indes, der zusammen mit Moctezuma ermordet worden war, seien alle Totenehren zuteil geworden: „Niemand war da, der ihn hätte schelten,/ niemand, der ihn hätte missachten mögen“.[20] Das bewies aus der franziskanischen Perspektive lediglich die noch immer vorherrschende Unbelehrbarkeit. Moctezuma war zwar ein Heide und Sünder, doch er hatte Gottes Stimme vernommen, und ihm als einziger die Tür geöffnet. Obwohl er ungetauft verstarb, gab es aus christlicher Sicht Grund zur Hoffnung, dass Gott sich seiner erbarmen würde.
- Codex Ramírez Ein weiterer indianisch-franziskanischer Text ist unter dem Namen Codex Ramírez bekannt, der auf eine „sehr alte“ indianische Handschrift zurückgeht.[21] Von diesem Codex interessiert hinsichtlich der Fragestellung vor allem der erste Teil, die Relación del origen de los indios que habitan en la Nueva España según sus historias, die sich entgegen ihrem Titel nicht nur mit der Wandersage der Nahuas, sondern auch mit der Conquista unter Cortés beschäftigt. Raúl Bolaños Martínez datiert den Text auf die Mitte des 16. Jahrhunderts.[22] Im Codex Ramírez liest man auch eine Aufzählung von Vorzeichen, die in so vielen anderen Quellen genannt werden und die das heraufziehende Unglück angekündigt haben sollen: der große Stein, der sich nicht rollen ließ, der Traum des einfachen macehual vom schlafenden Moctezuma, die Feuersäule, die Selbstentzündung des Huitzilopochtli-Tempels, das Erscheinen des Kometen, das Kochen der Lagune, die Schreie der Geisterfrau und der Tezcatlipoca-Vogel mit dem Spiegel.[23] Neu ist hier der Traum des einfachen Mannes vom schlafenden Moctezuma. Urheber der Legende vom passiven Moctezuma dürften Cuitlahuac und Cuauhtémoc bzw. deren Anhängerschaft gewesen sein. Die Moral dieser Legende soll besagen, dass ein aufmerksamerer und mutigerer Herrscher die Conquistadoren gebührend, d.h. kriegerisch, empfangen hätte und somit das Schicksal vielleicht hätte abwenden können. Wie aber reagierte Moctezuma, als der macehual ihm von seiner Erscheinung berichtete? Er war „überaus traurig und untröstlich“,[24] nichts als eine weinerliche Memme. Doch es war mehr als das, denn hier schleichen sich erneut christliche Konzepte in die Erzählung. Wenn Moctezuma hier wie in vielen anderen Quellen ähnlicher Herkunft als handlungsunfähig und melancholisch dargestellt wird,[25] dann speist sich diese Vorstellung aus der mittelalterlichen Gedankenwelt. Im Lexikon des Mittelalters heißt es zum Begriff Trägheit: „Ab dem 12. Jh. wurden acedia und tristitia oftmals als Synonyme angesehen. Petrus Lombardus z.B. bezeichnet in seinen ´Sentenzen´ acedia bzw. tristitia als das dritte der sieben Hauptlaster.“[26] Traurigkeit war also ein Anzeichen für Trägheit, eine bestrafungswürdige Todsünde. Die Trägheit wiederum bezieht sich auf seine Trägheit im Glauben. Anders als bei Sahagún geht der Codex Ramírez von einem durch ´Trägheit´ verlorengegangenen Urchristentum aus, und Moctezuma, der von sich aus keine Anstrengungen zur Wiedererlangung desselben unternommen hatte, muss nun gemeinsam mit seinem Volk dafür büßen. Daraus folgt, dass Moctezuma zu Recht seiner Herrschaft verlustig ging. Ganz im Sinne des antiken Tyrannen-Topos krankte er zudem an Hochmut: „Er sorgte dafür, dass er fast wie ein Gott gefürchtet und bedient wurde.“[27] „Er hat nicht wie ein Fürst regiert, sondern wie ein Tyrann und Verräter [am eigenen Volk].“[28] Was den Tod Moctezumas angeht, so wird zunächst die Version vom Steinwurf auf der Dachterrasse erwähnt: „Einige sagen, dass sie Motecuzoma daraufhin einen Stein an die Stirn gaben, an dem er starb, aber das ist nicht sicher, wie es alle Indianer beteuern. Er starb so, wie es später gesagt wird.“ Und später heißt es: „Dann töteten sie [sc. die Conquistadoren] ihn.“[29] Nach der Noche Triste habe man nach Moctezuma gesucht, und die Azteken „sagen, dass sie ihn erdolcht vorfanden, dass die Spanier ihn und die übrigen Fürsten, die er bei sich hatte, in der Nacht, in der sie flohen, getötet haben“.[30] Der anonyme Autor kommentiert dies nicht.
-Geistergesänge der Azteken Bei den meist unter Cantares Mexicanos bekannten Geistergesängen der Mexica[31] handelt es sich um vermutlich ausschließlich postcortesianische Kompositionen,[32] die formal wahrscheinlich jenen präcortesianischen Traditionen folgten. Im Vergleich zur Geschichtsversion des XII. Buchs der sahagúnschen Historia general fällt auf, dass Moctezuma in vielen Gesängen nicht nur im Subtext, sondern ganz direkt positiv dargestellt wird. Selbst wenn man einkalkuliert, dass in den meisten Liedern ebensogut Moctezuma I. wie Moctezuma II. gemeint sein könnte, bleiben doch einige wenige, die keinen Zweifel daran lassen, dass es hier um den letzten bedeutenden huey tlatoani geht. Die günstigere Bewertung dieses Herrschers könnte dadurch begründet werden, dass er als Vermittler zwischen den Welten besonders für die Geistergesänge geeignet war: Gerade seine (angebliche) Spanierfreundlichkeit und sein Entgegenkommen hinsichtlich des neuen Glaubens begründen diese Möglichkeit. Durch die Gerüchte, dass er vor seinem Tod noch getauft worden sei, hatte er eine vage Anwärterschaft auf den christlichen Himmel,[33] durch den Umstand, dass er eines unnatürlichen Todes gestorben war, auch auf den aztekischen Kriegerhimmel. Man hat aber wohl davon auszugehen, dass viele Mexica auch Jahrzehnte nach Beginn der Evangelisierung vom Sakrament der Taufe sowie der Idee von individueller moralischer Verantwortung und den daraus resultierenden Konsequenzen für das Leben im Jenseits nur sehr ungefähre Vorstellungen hatten. Jedenfalls schien Moctezumas Geist prädestiniert, die Bitten der postcortesianischen Azteken entgegenzunehmen. Im Gegenzug gelobte man, ihn ewig zu preisen und durch die Gesänge zu erfreuen. Das Christentum befriedigte offensichtlich nicht die religiösen und kulturellen Bedürfnisse der Mexica. Wenn Moctezuma II. in diesen Liedern meist positiv dargestellt wird, so ist dies weniger als Ausdruck einer bestimmten Geschichtsinterpretation, sondern vielmehr als Konzession an das Wesen der Geistergesänge zu begreifen, deren zentraler Gedanke auf einem positiv belegten und in möglichst vielen Sphären einflußreichen Wiedergänger beruht. Muss diese Konzession aber nicht bedient werden, erscheint Moctezuma wieder als Sündenbock, der sich aufgrund der Quetzalcóatl-Legende dem Cortés feige unterworfen habe. Damit endete bereits im Wesentlichen die Rezeption Moctezumas von indigener Seite aus. Die Deutung der Geschichte war gleich nach der Eroberung auf die Sieger übergegangen, womit auch die christlichen Missionare und die indianischen Verbündeten gemeint, die sich beeilten, alle aztekischen Codices zu vernichten, derer sie habhaft werden konnten. Abgesehen von den Geistergesängen können am ehesten die Annalen von Tlatelolco, die 1528 entstanden, als „aztekische“ Perspektive gelten. Doch auch sie sind in lateinischer Schrift geschrieben – also von zweifellos im Kontext der Missionsschulen entstanden und durch diese kontrolliert. Die Tlatelolca zeigten wenig Liebe zu Moctezuma, der für sie ja eher als Unterdrücker aufgetreten war. Über seine Todesumstände halten sie sich bedeckt, erwähnen aber, dass auch ihr verehrter Itzquauhtzin, Oberbefehlshaber Tlatelolcos, der ebenso wie Moctezuma Gefangener der Spanier war, um die gleiche Zeit zu Tode kam.[34] Den Rest kann man sich im Prinzip denken.
Die künstlerische Rezeption Moctezumas in Europa entfernte sich schnell von den historischen Fakten. Ihr ging es naturgemäß nicht um „die Indianer“ oder sogar um Moctezuma persönlich, sondern eher um eine kritische Selbstbespiegelung, also eigentlich nur um Europa. Moctezuma war in diesem Sinne zwar eine tragische Figur zwischen den Polen des barbarischen Tyrannen und des edlen Wilden, blieb jedoch meist pure Projektionsfläche. Das hier projizierte anonyme Gemälde aus der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts ist von der Darstellungsweise her typisch. Moctezuma erscheint als reich und würdevoll. Er wird in einer Sänfte getragen, und seine Füße sollen nicht den staubigen Boden berühren, was durch das Tuch verhindert wird, das ein Diener vor ihm ausgebreitet hat. Links erkennt man noch einen schweren goldenen Thronsessel, der von anderen gekrönten Häuptern getragen wird. Dieser Umstand sowie der purpurne Umhang weisen Moctezuma als „Kaiser“ aus, als König über Könige. Allerdings fehlt ihm jegliches militärische Gepränge. Ganz im Gegensatz zu den waffenstarrenden Spaniern wirken die meist nur halb bekleideten Mexica, deren Hauptmerkmal aus Federschmuck besteht, pittoresk, harmlos und wehrlos - ja, geradezu arkadisch-heiter-sorglos. Hier werden bereits Züge des typisch kolonialen Exotismus deutlich, in dem auf das Fremde eigene Wunschgedanken projiziert werden. – Dieser Beispiele gibt es viele. Die Figur Moctezumas fand auch in mindestens 20 Opern ihren Niederschlag, von denen ich die ersten beiden kurz beleuchten möchte. Die älteste – Motezuma – stammt von Antonio Vivaldi und entstand 1733.[35] Sie galt lange als verschollen und wurde in einer rekonstruierten Fassung erstmals 2005 wieder aufgeführt. Die Handlung beschränkt sich auf den letzten Tag der Gefangenschaft Motezumas. Er wird als edel und stolz beschrieben, als aufbrausend angesichts des Unrechts, das ihm widerfährt. Er wird gedemütigt und entehrt und ist am Ende des Stücks von glanzvollen Höhen in den tiefsten Staub gefallen. Im 3. Akt, 10. (und letzte) Szene heißt es: Motezuma allein Motezuma: Sterne, ihr siegtet. Seht ein Beispiel eurer Unbeständigkeit für die Welt. Seht einen Herrscher, der sich allein einer Macht rühmte ähnlich euren Göttern, als Gespött der Menge zum Witz gemacht von jedem; besiegt und unterdrückt. Geknechtet durch die Ruhmestaten des andern bin ich das glückliche Thema für neue Geschichten. Arie Wo ist die Tochter, wo ist mein Thron, ich bin nicht mehr Vater, ich bin nicht mehr König, das barbarische Schicksal hat keinen Kummer, der tyrannische Himmel keine Blitze mehr, der für mich schrecklich sein könnte. Selbst das feindliche Verhängnis sieht, dass es mich nicht noch unglücklicher machen kann, dass es nicht grausam ist, wenn ich mich töte. Die Oper ist ein typisches Beispiel des Barock. An Motezuma wird exemplarisch verdeutlicht, wie unbeständig die Welt ist. Nicht zuletzt vor dem Hintergrund der Erfahrungen des Dreißigjährigen Krieges galt alles Weltliche als eitel, alles Irdische als vanitas und entsprechend vergänglich. Der Heide Motezuma vermag das nicht zu begreifen, aber das Opernpublikum der Zeit verstand die Botschaft nur allzu deutlich.
Als zweites Beispiel soll die Oper „Montezuma“ von Carl Heinrich Graun (1703-1759) dienen, deren Libretto von niemand Geringerem als Friedrich II., d. Gr. von Preußen geschrieben wurde. Ihre Uraufführung fand 1755 in Berlin statt.[36] Inhalt des Trauerspiels: „Die verschiedenen Unternehmungen und Eroberungen der Spanier in dem durch den berühmten Christophorum Columbum während der Regierung König Ferdinandi und der Königin Isabella von Spanien entdeckten Westindien sind in der Historie zur Genüge bekannt. Besonders war die Unternehmung des Ferdinando Cortes in Mexiko eine der merkwürdigsten. Der damals regierende Kaiser von Mexiko, Montezuma, erlaubte den Spaniern auf guten Glauben, den Eintritt in sein Reich; aber, er spürte hernach allzuspät die Wirkung eines gar zu leichtgläubigen Vertrauens und einer unzeitigen Großmut, als die ihm das Leben kostete. Das betrübte Ende dieses guten Monarchen, welcher der Grausamkeit und der Geitze seiner Gäste barbarischer Weise aufgeopfert wurde, hat also den Stoff zu diesem Trauerspiele gegeben.“ In der Ouvertüre, 1. Akt, 1. Szene heißt es: Drei große Palmengänge im kaiserlichen Garten. Montezuma, Tezeuco [Bedienter der kaiserlichen Krone] und das ganze kaiserliche Gefolge. Montezuma: Ja, [...] Mexiko ist glücklich. Dies ist die Frucht jener Freiheit, die eng mit Klugheit im Bunde, der Herrschaft solcher Gesetze nur unterworfen ist, die ich als erster selbst stets beachte; mein Volk genießt ein sichres Glück und holde Ruh in Fülle, und meine Macht stützt sich auf seine Liebe. Gefestigt so im Innern, braucht das Reich nicht zu fürchten äußre Feinde, nicht ränkevolle Nachbarn, denn nur die Zahl ist groß doch die Kraft zersplittert. Mit Verachtung schauen wir entgegen jener fremden Schar, die, wie man sagt, gelandet an unsern Ufern. […] Ist´s ein Verdienst, kein Ungeheuer zu sein? Ah, Fluch über jene grausamen Herrscher, die nur durch Ströme Blutes des Thrones Stufen stützen. Nie könnte ich für solch unwürd´gen Preis mich jemals entschließen, Herrscher zu sein dem Lande. […] Im 1. Akt, 8. Szene findet sich folgender Dialog, der Moctezumas edle Gesinnung unterstreicht: Pilpatoè [kaiserlicher General]: Folg´, o Herr, doch dem Rate, noch ist es Zeit jetzt. Laß heran sie nicht kommen, gebrauche List, leg´ einen Hinterhalt ihnen. Montezuma: Was wagst du mir zu raten? Nur Gerechtes will ich. Sind diese Helden sterblich wie wir, wie dürfen wir vor dreihundert Kriegern uns derart fürchten? Doch sind es Götter, so werden wir versuchen, sie mit Opfern zu versöhnen. Sind´s aber Fremde, was ich glaube, so müssen wir aus Menschlichkeit ihnen jede Hülfe leisten. Doch gehen wir, sie am Ufer des Flusses zu empfangen. […] Cortés kennt in dieser Oper solcherlei Skrupel nicht. Mit brutaler Gewalt zwingt er Montezuma, auf seinen Thron zu verzichten. Friedrich der Große hatte 1755 die ersten beiden Schlesischen Kriege hinter sich, der Siebenjährige Krieg stand unmittelbar bevor. In dem Libretto wird seine innere Zerrissenheit deutlich, die ihre Ursache im sogenannten „aufgeklärter Absolutismus“ hat: Einerseits ist er sich der Ideale eines guten Herrschers bewusst. Die aufgeklärte Vernunft fordert Frieden, Ehrlichkeit und Sorge um das Wohl der Untertanen. Doch die Realität, so Friedrichs Botschaft in dieser Oper, sieht anders aus: Der Gegner nimmt keinerlei Rücksichten und zwingt den aufgeklärten Monarchen, auch auf Mittel zurückzugreifen, die er innerlich ablehnt. Würde er so handeln, wie er eigentlich möchte, nämlich so wie Montezuma in der Oper, wäre er dem sicheren Untergang geweiht.
1851 nahm Heinrich Heine sich des Themas in seinem Gedicht Vitzliputzli an. Der seltsame Titel spielt auf eine damals gebräuchliche bis zur Unkerkenntlichkeit verzerrte Verballhornung des Namens Huitzilopochtli, des aztekischen Kriegs- und Hauptgottes an. Ähnlich wie Friedrich der Große stellt er Moctezuma als naturverbundenen, ehrbaren Charakter dar:
„Dieser unzivilisierte, Abergläubisch blinde Heide Glaubte noch an Treu und Ehre Und an Heiligkeit des Gastrechts.“
Im Geiste des Bartholomé de las Casas, des Urhebers der sogenannten „Schwarzen Legende“, die besagt, dass die Conquistadoren nur vorgaben, christlich gehandelt zu haben, sich tatsächlich aber wie Teufel aufführten, sind bei Heine Cortés und seine Truppe die Bösen.
„Wie das Festspiel war betitelt, Weiß ich nicht. Es hieß vielleicht: "Span´sche Treue!" doch der Autor Nannte sich Don Fernando Cortez.“
Typisch ist, dass der Vorwurf hier auf alle Spanier übergeneralisiert wird, was bei Las Casas ursprünglich nicht der Fall gewesen ist. Heine geht auch explizit auf die aztekische Religion ein, deren einer der obersten Priester Moctezuma gewesen ist. Wenn Moctezuma positiv dargestellt wurde, bestand (und besteht!) aus europäische Sicht stets das Problem, wie man zu dieser Religion mit ihrem hervorstechenden Merkmal des Menschenopfers steht. Bezeichnenderweise werden religiöse und aggressive Aspekte des aztekischen Dreibundes daher meist ausgeklammert oder in einen arkadischen Pantheismus umgedeutet, wie zum Beispiel in Neil Youngs Song Cortez the Killer aus seinem Album Zuma von 1975, in dem es heißt:
“On the shore lay Montezuma With his coca leaves and pearls In his halls he often wandered With the secrets of the worlds [...] Hate was just a legend War was never known” usw.
Heine allerdings liefert in Anlehnung an den Klang des Namens Vitzliputzli eine verniedlichende Interpretation dieser Religion:
„Dort auf seinem Thronaltar Sitzt der große Vitzliputzli, Mexikos blutdürst´ger Kriegsgott. Ist ein böses Ungetüm,
Doch sein Äußres ist so putzig, So verschnörkelt und so kindisch, Daß er trotz des innern Grausens Dennoch unsre Lachlust kitzelt“
„"Menschenopfer" heißt das Stück. Uralt ist der Stoff, die Fabel; In der christlichen Behandlung Ist das Schauspiel nicht so gräßlich“,
fährt Heine fort und macht dadurch deutlich, dass es nicht darum geht, eine Religion gegen eine andere auszuspielen, sondern, dass Priester Religionen hier wie dort für politische Zwecke missbrauchen und Menschen zu unmenschlichen Handlungen verführen. Dies erinnert an Karl Marx´ 1844 veröffentlichte Einleitung der Schrift Zur Kritik der Hegelschen Rechtsphilosophie, in der er die Religion als „Opium des Volkes“ bezeichnete. Ohne vergiftende Religionen hätte der edle Moctezuma ungestört weiter regieren können, so Heines Botschaft.
Alfred Henschke alias Klabund interpretierte Montezuma wiederum als selbstsüchtigen Tyrannen. Anfangs hatte er wie viele seiner Zeitgenoosen glühend den Ausbruch des Ersten Weltkriegs begrüßt, doch änderte er gegen Ende des Krieges seine Meinung grundlegend. 1917 veröffentlichte die Neue Zürcher Zeitung einen offenen Brief von ihm an Wilhelm II., in dem er den Kaiser aufforderte, abzudanken, was ihm ein Verfahren wegen Vaterlandsverrat und Majestätsbeleidigung einbrachte. Ausdruck seiner Kritik an kaiserlicher Selbstherrlichkeit dürfte auch seine Ballade „Montezuma“ sein, die er am 20. Dezember 1918 in Lugano verfasste, fast einen Monat nach Abdankung des Kaisers also. Die ersten beiden Strophen der Ballade schildern Montezumas Eitelkeit und rücksichtslos-unmoralische Genuss-Sucht. In der dritten und letzten Strophe dann, in der er auf Cortez trifft, wird dies als Grund für seine Kraftlosigkeit ausgelegt:
„Der fremde Ritter in der schwarzen Rüstung Begegnet dem Gruß des Kaisers streng. der lehnt schwach und schwächlich an der Brüstung, Als risse seiner Adern blau Gesträng, Als wär er nur ein Schachtelhalm im Winde Vor jedem, dem er seine Demut säng. Als trüg er vor den Augen eine Binde Und sähe nun nach innen. Und darin War nichts als Eitelkeit und eitle Sünde, Und war nur Sinnlichkeit und war kein Sinn, Und war kein edles Ziel, kein zarter Zweck. Und ginge er an diesem Tag dahin, Es bliebe nichts als eine Handvoll Dreck. - Der Ritter sprach: Ich bin der Abgesandte Des großen weißen Herrschers überm Meer. Ich kam, weil deine Dunkelheit ich kannte, Mit hunderttausend hellen Helden her. So unterwirf dich, eh er dich berannte Und jener zitterte und brach ins Knie Und wußte nichts, als daß er seines Hortes Hüter nun nicht mehr sei, und wie ein Vieh, Ein ganz vom Hunger und vom Durst verdorrtes, Er bis zu Kuppel des Palastes schrie. Er sträubte seine Haare wie ein Puma. Der andre sprach: So huldige, Montezuma, Des weißen Kaisers Abgesandtem: Cortez! " Die Historiografie war währenddessen im Wesentlichen weiterhin den Vorgaben der Chroniken aus dem 16. Jahrhundert gefolgt. Ohne jegliche Quellenkritik galten die Vorzeichen Moctezumas, sein Glaube an die Rückkehr der Weißen Götter, sein schwächlicher Wankelmut sowie sein durch die eigenen Untertanen herbeigeführter und von den Spaniern bedauerter Tod als ausgemacht. Noch William Hickling Prescott, Begründer der modernen nordamerikanischen Geschichtsschreibung, urteilt 1843 in seiner History of the Conquest of Mexico in diesem Sinne über den gefangenen Moctezuma: „Hätte er den Mut des ersten Montezuma besessen, so würde er seine Wachen zu sich gerufen und eher sein Leben auf der Schwelle verblutet haben, als sich über dieselbe als ein entehrter Gefangener schleppen zu lassen. Aber seine Kraft sank unter den Umständen. Er fühlte, daß er ein Werkzeug eines unwiderstehlichen Schicksals sei!“[37] – Hier schwingt noch immer der Zorn des franziskanischen Gottes mit. Die Version der Sieger passte gut in die Denkschemata des Imperialismus und Sozialdarwinismus des 19. und frühen 20. Jahrhunderts. Ein Umdenken geschah erst Ende der 1980er Jahren im Kontext der 500-Jahrfeiern zur Entdeckung Amerikas. Germán Vázquez schildert Moctezuma in seiner Biografie als unumschränkten Herrscher, der die Schmach der Conquista und seiner Gefangenschaft nicht begreifen und nicht verwinden kann. Er hält es daher für wahrscheinlich, dass der Aztekenherrscher, den er noch immer als „Kaiser“ bezeichnet, Selbstmord beging.[38] Hugh Thomas spricht 1993 ebenfalls in seinem Buch „Conquest. Cortés and the Fall of Old Mexico“ noch von Moctezuma als „Kaiser“. Die Vorzeichen, die Moctezuma gesehen haben soll, hinterfragt er bereits kritisch,[39] nicht aber die bereitwillige Unterwerfung Moctezumas unter spanische Herrschaft.[40] Auch hält er es für viel wahrscheinlicher, dass Moctezuma von den Azteken getötet wurde als von den Spaniern.[41] Diese Version des Cortés fand zunächst auch im unabhängigen Mexiko Gehör, hatten die Nachfahren der Azteken in Cuauhtémoc doch die positiv besetzte Figur des Helden, der den weißen Eindringlingen tapferen Widerstand leistete. (Dass Cortés mehr indianische Verbündete als Gegner hatte, wird dabei wohlweislich „vergessen“.) Moctezuma war in diesem Sinne ein Verräter. Dementsprechend gibt es in fast jedem zentralmexikanischen Ort eine Statue oder zumindest einen Platz oder eine Straße, die nach Cuauhtémoc benannt sind. Sehr selten findet man jedoch einen Erinnerungsort an Moctezuma. Vorgefertigt ist diese Interpretation explizit erstmals wiederum im Codex Ramírez. Hier werden Cuauhtémoc folgende Worte in den Mund gelegt, nachdem Moctezuma versucht hatte, die aufgebrachte Menge zu beschwichtigen und von weiteren Angriffen auf das spanische Quartier abzuhalten: „Was sagt dieser Schurke Montezuma, diese Hure der Spanier? Glaubt er etwa, er könne uns davon abbringen, für das Reich zu kämpfen, das er, mit einer weibischen Seele, aus reiner Furcht im Stich gelassen hat ...? Wir wollen ihm nicht gehorchen, weil er nicht länger unser König ist, und wir müssen ihm die Strafe zukommen lassen, die einem Verräter gebührt.“[42] Auch der Codex Ramírez jedoch berichtet, dass die ursprüngliche Version der Indigenen lautete, dass man Moctezuma wenig später erdolcht vorfand. Dieser Version schloss sich der mexikanische Historiker José Luis Martínez 1990 in seiner Cortés-Biografie indirekt an, indem er ihr unkommentiert das letzte Wort überlässt,[43] und ähnlich verfährt der ebenfalls mexikanische Juan Miralles Ostos in der zur Zeit besten Cortés-Biografie Hernán Cortés. Inventor de México von 2001.[44]
Vom 24. September 2009 bis 24. Januar 2010 öffnete schließlich das British Museum seine Tore für die Ausstellung „Moctezuma. Aztec Ruler.“ Jonathan Jones, Reporter des Guardian kam es am 17. September in dieser Ausstellung so vor, als sei Moctezuma ein Mittelding zwischen Tutanchamun und Neville Chemberlain, ein goldener Gott-König und erfolgloser Appeaser.[45] Andere Besucher zeigten sich allerdings irritiert von der Lust der Ausstellungsmacher an der Hervorherbung blutrünstiger Elemente der aztekischen Religion, die bereits auch an der Ausstellung „Aztecs“ kritisiert wurde, die 2003 in der Royal Academy of Arts und später auch in Deutschland gezeigt wurde. „Moctezuma“, die erste Ausstellung, die es je zu dem Aztekenherrscher gab, hatte sich auf die Fahnen geschrieben, denselben vom Vorwurf des Verrats reinzuwaschen und zu zeigen, dass er sich nicht feige den Spaniern unterworfen hatte, sondern von ihnen getäuscht, gezwungen und schließlich ermordet wurde. Wir haben jedoch gesehen, dass diese Deutung neben vielen anderen von Beginn an im Raum stand und keineswegs eine neue Erkenntnis darstellt. Bis vor Kurzem wurde die historiografische Deutung Moctezumas stets politischen Interessen der jeweiligen Interpreten unterworfen. Es wäre wünschenswert, wenn es künftig endlich mehr um Moctezuma um seiner selbst willen ginge, so schwierig seine historische Perspektive für uns heutige Menschen der westlichen Welt auch nachvollziehbar sein mag. Künstlerisch wird seine Person – da ihrem Schicksal eine unübersehbare Tragik innewohnt – auch zukünftig verschiedenste Projektionen auf sich ziehen. Und das soll auch so bleiben.
Anmerkungen [1] Vgl. Códice Azcatítlan, hrsg. von der Société des Américanistes, Paris 1949, XXIII u. Gerhard, Peter: „A black conquistador in Mexico“, in: HAHR 58 (1978), 451-459. Es handelte sich um Juan Garrido, von dem sogar autobiographische Aussagen erhalten sind. (Vgl. ebd., 452.) [2] V.a. Hauptmann Rodrigo Rangel. [3] Cortés, Hernán: Cartas de Relación, hrsg. von Ángel Delgado Gómez, Madrid 1993, 210. Vgl. auch ebd., 227f. [4] Vgl. Cortés: Segunda relación 1993, 218. [5] Ios.: bel. Iud., Buch V, Kap. IX, Josephus, Flavius: Geschichte des Jüdischen Krieges [75 od. 76], aus dem Griechischen übersetzt u. mit Einleitung und Anmerkungen versehen von Heinrich Clementz, Berlin/ Wien 1923, 520-528. [6] Vgl. Sahagún, Bernadino de: Einige Kapitel aus dem Geschichtswerk des Fray Bernardino de Sahagun aus dem Aztekischen übersetzt von Eduard Seler, hrsg. von Cæcilie Seler-Sachs, Walter Lehmann u. Walter Krickeberg, Stuttgart 1927,, Buch XII, Kap. I, ,453-546. [7] Selbst wenn sie es wären, würde das auf die folgende Interpretation keinen wesentlichen Einfluss ausüben, denn es geht, wie gesagt, nicht um ereignisgeschichtliche Fakten, sondern um geschichtliche Erzählung. [8] Vgl. Díaz, Juan: „Itinerario de la armada del Rey Católico a la isla de Yucatán, en la India, en el año 1518, en la que fue por comandante y capitán general Juan de Grijalva“, in: Colección de documentos para la historia de México, hrsg. von García Icazbalceta, Bd. 1, México 1858, 281-308, hier: 302. [9] Vgl. Rozat Dupeyron, Guy: Indios imaginarios y indios reales en los relatos de la conquista de México. México 1993, 43-61. [10] *1620, †1700. Er diente über 40 Jahre als Kurator der Kapelle von San José de los Naturales. [11] Vgl. Vetancurt, Agustín de: Teatro mexicano. Descripción breve de los sucesos ejemplares, históricos y religiosos del Nuevo Mundo de las Indias. & Crónica de la provincia del Santo Evangelio de México. & Menologio franciscano de los varones más señalados, que con sus vidas ejemplares, perfección religiosa, ciencia, predicación evangélica en su vida, ilustraron la provincia del Santo Evangelio de México. México 1971, 3a parte, trat. I, cap. VIII, 1971, 124f. [12] Ios.: bel. Iud., Buch II, Kap. XXII, 1923, 299. [13] Ios.: bel. Iud., Buch VI, Kap. V, 1923, 594ff. [14] Sahagún., Einige Kapitel, Kap. VIII, 1927, 472. Die zweite Gruppe Magier schickt er in Kap. XIII, 482. - „Aber sie taugten nichts mehr.“ Stattdessen trafen sie auf den flüchtenden Tezcatlipoca, den Gott, der die Macht gibt und nimmt, d.h. Moctezuma würde seine Macht verlieren. Über magische Formeln, um böse Mächte fremder Reisender zu bannen vgl. Ponce de León, Pedro: Tratado [1569], in: Teogonía e historia de los mexicanos. Tres opusculos del siglo XVI, hrsg. von Ángel María Garibay Kintana, México 1965, 121-132, hier: 131. [15] Sahagún: Einige Kapitel, Buch XII, Kap. XII, 1927, 481. [16] Ebd., Kap. IX, 474. [17] Offb. 6, 15. [18] Sahagún.: Einige Kapitel, Buch XII, Kap. XXIII, 1927, 512. [19] Ebd., 513. [20] Ebd., 514. [21] Rozat Dupeyron, Guy: Indios imaginarios y indios reales en los relatos de la conquista de México. México 1993, 140. [22] Vgl. Raúl Bolaños Martínez, in: Códice Ramírez: Relación del origen de los indios que habitan esta Nueva España según sus historias, Vorw. von Raúl Bolaños Martínez, México 1975, 5. [23] Vgl. ebd., 84ff. [24] Ebd., 85. [25] Vgl. z.B. ebd., 93 od. 97. [26] Lexikon des Mittelalters. CD-ROM-Ausgabe, hrsg. von Charlotte Bretscher-Gisiger u. Thomas Meier, (9 Bd.e) Stuttgart 2000 (Bd. 8, 932f.) [27] Códice Ramírez 1975, 83. [28] Ebd., 93. [29] Ebd., 97f. [30] Ebd., 100. [31] Die posthum veröffentlichte dt. Übersetzung der Geistergesänge durch Leonhard Schultze Jena (Alt-aztekische Gesänge. Stuttgart 1957) ist leider fragmentarisch und nicht ausgereift. Eine stimmige Übersetzung ist erst nach einer z.T. sehr schwierigen Interpretation der Gesänge (sowohl als Gattung als auch einzeln) möglich. Dies hat John Bierhorst (Cantares Mexicanos. Songs of the Aztecs. Stanford Cal. 1985) in hervorragender Weise geleistet. Zwar ist seine Übersetzung freier als diejenige Schultze Jenas, doch folgt sie einem stringenten Deutungssystem, das Bierhorst im sehr guten und ausführlichen Kommentar erläutert. Bierhorsts Ausgabe ist daher derjenigen Schultze Jenas vorzuziehen. [32] Bierhorst kommt zu dem Schluss, dass die Gesänge seiner Sammlung überwiegend aus der Zeit von 1550-1590 stammen. (Vgl. Bierhorst in: Cantares 1985, 9.) Nur bei einigen wenigen besteht überhaupt die Möglichkeit, dass sie vor der Conquista gedichtet wurden. Diese interessieren hier nicht. Da ansonsten eine genaue Datierung der einzelnen Lieder nicht möglich ist, weil auch die Überschriften, die Daten nennen, nicht immer glaubhaft erscheinen, werden hier alle eindeutig postcortesianischen Gesänge so behandelt, als seien sie vor 1568 verfasst. [33] Dies ist aufgrund einer Passage im LXXII. Gesang wahrscheinlich: „Gott hat sich deiner erbarmt und dir Gnade erwiesen. O Montezuma. Ah, und so hast du Gottes Matte und Sitz inne.“ (Ebd., cantar LXXII, 357 u. cantar LXXXIX, 367.) Letzteres kann als mexicanisches Bild für die Gnadenkrone interpretiert werden. [34] Unos Annales históricos de la Nación Mexicana, hrsg. von Ernst Mengin, Berlin 1939, 145. [35] Personen: Motezuma, Kaiser von Mexiko, Mitrena, seine Ehefrau, Teutile, ihre Tochter, Fernando, General der spanischen Armee, Ramiro, sein jüngerer Bruder, Asprano, General der Mexikaner. [36] Personen: Montezuma, Kaiser von Mexiko, Eupaforice, Königin von Tlascála, verlobt Braut von Montezuma, Tezeuco, Bedienter der kaiserlichen Krone, Pilpatoè, kaiserlicher General, Erissena, Vertraute der Königin, Ferdinando Cortes, Haupt der Spanier, Narvès, spanischer Hauptmann, Gefolge des Montezuma, Gefolge des Cortes. [37] Prescott, William: Der Untergang der indianischen Kultur. Die Eroberung Mexikos durch Ferdinand Cortez. [1843] Wien/Leipzig/Olten 1935, 428. [38] Vázquez, Germán: Moctezuma. (Protagonistas de América). Madrid 1987, 155. [39] Thomas, Hugh: Die Eroberung Mexicos. Cortés und Montezuma. Frankfurt a.M. 1998, 77. [40] Ebd., 409. [41] Ebd., 549. [42] Zitiert nach: ebd., 545. [43] Martínez, José Luis: Hernán Cortés. Madrid 1992, 267. (Hier auch Abb. aus Codex Moctezuma, das den Tlatoani mit Strick um den Hals auf dem Dach des spanischen Quartiers zeigt.) [44] Miralles Ostos, Juan: Hernán Cortés. Inventor de México. 2001, 239f. [45] “Moctezuma is a kind of cross between Tutankhamun and Neville Chamberlain – a splendid king turned craven appeaser.” http://www.guardian.co.uk/artanddesign/2009/sep/17/moctezuma-aztec-ruler-british-museum, abgerufen am 20.06.2010.
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